In unfassbarer Ignoranz höchstrichterlicher Rechtsprechung agiert das Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen nach Gutsherrenart – mit Konsequenzen. Die auf Prüfungsanfechtungen spezialisierten Rechtsanwälte Dr. Heinze & Partner hatten im Rahmen einer Prüfungsanfechtung den vom EuGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 bestätigten Anspruch auf Herausgabe einer kostenlosen Kopie der gesamten personenbezogenen Akte einschließlich der Klausurbearbeitung und der Bewertungen ausgenommen der Sachverhalte (vgl. Entscheidung des EuGH C 434/16) und bezüglich der Sachverhaltskopien Akteneinsicht beantragt. Bezüglich der Sachverhaltskopien sollten der Mandantin die Kosten direkt in Rechnung gestellt werden.
Das Justizprüfungsamt NRW hat der Mandantin wissentlich die vollen Kopierkosten in Rechnung gestellt, um sich dadurch ein erhöhtes Entgelt zu sichern und hat die Akten zudem bis zur Bezahlung der vollen Kosten zurückgehalten. In Ignoranz der eindeutigen Rechtsprechung des EuGH behauptete der Jurist des Prüfungsamtes, die Herausgabe der Prüfungsakte sei von dem Anspruch aus der DSGVO nicht erfasst und der EuGH habe so etwas auch nicht formuliert, obwohl der EuGH im Hinblick auf die zuvor bestehende EU-Richtlinie mit Verweis auf die Neuregelung in der nunmehr als EU-Verordnung unmittelbare geltenden Datenschutzgrundverordnung gerade über die kostenlose Kopie einer Prüfungsakte entschieden hatte. Dr. Heinze & Partner lassen gerade strafrechtlich prüfen, ob es sich bei der Zusendung der überhöhten Rechnung durch das Prüfungsamt um einen versuchten Betrug handeln könnte und inwieweit durch das Zurückhalten der Akten ein Urkundendelikt begangen worden sein könnte. Das wäre doch Stoff für eine Examensklausur.
Die Krönung im Schreiben des Justizprüfungsamtes NRW ist, dass allen Ernstes vertreten wurde, dass die EU-Verordnung durch die “Spezialregelung” des unter anderem vom Prüfungsamt zitierten § 23 JAG NRW (Akteneinsicht) verdrängt sei. Es ist unglaublich, dass derart inkompetente Rechtsäußerungen von Personen getätigt werden, die Examensklausuren korrigieren und über Schicksale angehender Juristinnen und Juristen entscheiden. Den Anwendungsvorrang des Unionsrechts kennt der motivierte Student im 1. Fachsemester. Aber wen wundert es, wenn ein Verkehrsminister eines Landes sich nach der Verbrennung eines dreistelligen Millionenbetrages hinstellt und behauptet, das Mautverfahren beim EuGH sei im “Elfmeterschießen” verloren worden, obwohl jede Studentin und jeder Student im 1. Semester Jura Europarecht klar hätten diagnostizieren können, dass die Maut unionsrechtswidrig ist.